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Tod in Babylon

Alexander starb m 10. Juni 323 v. Chr. in Babylon. Über wenige Phasen in seinem Leben sind wir so detailliert unterrichtet wie über seine mysteriöse Erkrankung und die dramatischen Ereignisse unmittelbar vor bzw. nach seinem Tod.

 

Der Bericht bei Arrian (7,25,1–26,3) deckt die letzten 13 Tage im Leben Alexanders ab, etwa den gleichen Zeitraum behandelt Plutarch in seiner Alexander-Biografie (76). Beide Autoren zitieren aus den sogenannten Ephemeriden oder Hoftagebüchern, die in Alexanders Regierungszeit von seiner Kanzlei geführt worden sein sollen, aber selbst nicht erhalten sind. Bei Curtius Rufus (10,5–10) findet sich dagegen die ausführlichste Darstellung des Geschehens in den Tagen nach Alexanders Tod. Daneben hat sich eine mysteriöse Schrift mit dem Titel Über den Tod und das Testament Alexanders erhalten.

 

In den meisten dieser Berichte gibt es Spekulationen über ein mögliches Mordkomplott gegen den König. Es soll auf dem berüchtigten Gastmahl bei Medios zur Ausführung gekommen sein. Medios gehörte zu Alexanders engsten Freunden. Nach einem opulenten Staatsbankett lud er den König ein, in seinem Quartier im privaten Kreis weiterzufeiern.

 

​Was geschah auf diesem mysteriösen Gastmahl? Stimmt es, dass Alexander, nachdem er einen Becher mit Wein geleert hatte, mit einem Schrei zusammenbrach, unmittelbar danach erkrankte und nach 13 Tagen starb? Wurde er vergiftet? Und wenn ja, wer war in das Komplott verwickelt? Der Gastgeber selbst? Weitere Gäste? Alle? Sämtliche Anwesenden gehörten zu Alexanders engsten Freunden und Vertrauten ...

Die bei Arrian und Plutarch erhaltenen Passagen aus den Ephemeriden geben nicht unbedingt den Originalbericht wider, denn der Text wurde nachweislich schon kurz nach Alexanders Tod überarbeitet. Einige Historiker bezweifeln sogar, dass die Tagebücher überhaupt existierten, und vermuten, das die fraglichen Zitate stattdessen auf fiktive Schriften zurückgehen, die in den Jahren nach Alexanders Tod verfasst wurden. Mit Sicherheit gilt das für das Pamphlet Über den Tod und das Testament Alexanders (das enthaltene Testament ist ganz sicher eine Fälschung).

 

Sowohl das Pamphlet wie die überarbeiteten Ephemeriden sind ausgesprochen tendenziös. Unter den hohen Offizieren, die zu Alexanders Führungsstab gehört hatten, kam es schon bald nach seinem Tod zu erbitterten Konflikten mit wechselnden Koalitionen. Die Verdächtigung, an der Ermordung des Königs beteiligt gewesen zu sein, war hier ein wichtiges Element der Feindpropaganda. In den erhaltenen Berichten über Alexanders Tod schlägt sicht das Interesse bestimmter Kreise nieder, sich selbst von jedem Verdacht reinzuwaschen und die Schuld stattdessen den jeweils aktuellen Gegnern in die Schuhe zu schieben.

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So kommt es zu der paradoxen Situation, dass über Alexanders Tod zwar reichlich Material mit zum Teil erstaunlich detaillierten Angaben vorhanden ist, die wahren Umstände seines Ablebens aber undurchsichtig bleiben und letztlich auch nicht zu klären sind.

Schreitender Löwe, Relief aus glasierten Ziegeln von der Prozessionsstraße in Babylon (6. Jh. v. Chr.)

Schreitender Löwe aus Babylon

Alexanders letzte Tage - ein Roman

Das in den Quellen so detailliert wiedergegebene Geschehen in Babylon im Frühsommer 323 v. Chr. bildet das Grundgerüst des Romans Die Perserinnen. Die Handlung umfasst insgesamt 23 Tage, vom 16. Daisios (= 29. Mai) über Alexanders Todestag (28. Daisios = 10. Juni) bis zum 7. Panemos (= 17. Juni). Die Erinnerungen der Protagonistin Paruschat setzen dagegen viel früher ein, nämlich bei der Ermordung ihres Vaters Artaxerxes III. 338 v. Chr. Sie beleuchten schlaglichtartig die folgenden15 Jahre.

​Die Handlung zerfällt also in zwei Phasen, die nicht nur verschieden lange Zeiträume abdecken, sondern auch ein völlig unterschiedliches Erzähltempo erforderlich machen. Das machte es  unmöglich, Paruschats Erlebnisse einfach chronologisch zu schildern. Die Ereignisse in Babylon bilden daher das Grundgerüst der Handlung, in das Paruschats frühere Erlebnisse als Rückblenden eingeschaltet sind, in Form von Träumen, Erinnerungen und Flashbacks.

Die Perserinnen

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